ALLERGIEN Reizende Quälgeister
Rund 28 Prozent aller Menschen in Deutschland leiden laut Robert-Koch-Institut an mindestens einer Allergie, Tendenz steigend. Ähnlich sieht es bei den Nahrungsmittelunverträglichkeiten aus.
Rund 30 Prozent geben in Umfragen an, bestimmte Lebensmittel nicht gut zu vertragen. Was ist der Unterschied? Und wie kann man mit ihnen umgehen?
Im Darm entscheidet es sich
Er legt sich für uns in Falten und ist die größte „Kontaktfläche“ des menschlichen Körpers zur Außenwelt – der Darm. Rund 80 Prozent aller Immunzellen sind dort und mitverantwortlich dafür, dass wir auf manches allergisch reagieren. Denn eine Allergie, das ist zuerst vor allem eine Überreaktion des Immunsystems auf körperfremde, eigentlich harmlose Allergene.
Dazu zählen zum Beispiel Pollen, Hausstaubmilben, Tierhaare und Nahrungsbestandteile. Die spürbaren Folgen dieser Überreaktion reichen von Juckreiz und Niesen bis hin zu Schwellungen. Oder Erbrechen und im schlimmsten Fall einer Anaphylaxie, einer lebensbedrohlichen Überempfindlichkeitsreaktion.
Dieser Übereifer des Immunsystems schränkt für viele Menschen auf der Welt die Speisepläne ein: Etwa 200 bis 250 Millionen Menschen weltweit leiden an einer Nahrungsmittelallergie. In Deutschland sind rund vier Prozent der Bevölkerung betroffen. Ursprung ist oft eine Fehlfunktion im Darm.
Es gibt verschiedene Gründe, warum die natürliche Schutzbarriere nicht so funktioniert, wie sie soll. Ihre Hauptaufgabe ist es, Nährstoffe in verwertbarer Form durchzulassen und Gifte abzuhalten. Noch sind die Ursachen nicht vollständig medizinisch geklärt.
Klar ist, dass Nahrungsbestandteile in den Körper gelangen, die vom Immunsystem als fremd erkannt werden. Das Immunsystem wird sensibilisiert. Bei erneutem Kontakt mit demselben Nahrungsbestandteil kann dieser eine allergische Reaktion hervorrufen.
Der Nocebo-Effekt von Labeln
Seit Dezember 2014 müssen die Hauptallergene von Lebensmitteln in der Zutatenliste von verpackten Lebensmitteln und auf Speisekarten hervorgehoben werden. Fachleute vermuten, dass diese betonte Kennzeichnung und das immer größer werdende Angebot an „frei von“-gelabelten Lebensmitteln zu einem „Nocebo“-Effekt geführt haben. „Nocebo“ meint das Gegenteil von Placebo, also eine negative Scheinwirkung.
Weizen, Milchprodukte und Co. erfüllen dabei eine negative Erwartung. Mir grummelt der Bauch nach einem Glas Milch, weil ich erwarte, dass mir der Bauch grummelt.
Je präsenter gerade das Thema Nahrungsmittelallergie und Intoleranz ist, desto öfter scheinen Menschen diese bei sich selbst zu entdecken. Dabei gibt es viele andere Gründe, warum – zeitweise – bestimmte Stoffe negative Reaktionen hervorrufen. Manchmal steckt einfach nur eine unausgewogene und falsche Ernährung dahinter.
Kreuzallergie: Birke trifft Apfel
Wer während der Pollenflugzeit plötzlich allergisch auf Äpfel reagiert, die Frucht aber im Winter gut verträgt, hat vielleicht eine Kreuzallergie. Verantwortlich ist – wieder einmal – ein verwirrtes Immunsystem: Äpfel enthalten Eiweiße, die denen der Birke ähneln, und das Immunsystem reagiert nun auch auf diese Stoffe mit einer Abwehrreaktion.
Bei rund 30 Prozent aller Allergiegeplagten treten Kreuzallergien auf Nahrungsmittel auf. Gerade Erwachsene haben oft mit Kreuzallergien zu tun – während Primär-Lebensmittelallergien bei Kindern öfter vorkommen als bei Erwachsenen.
Die Liste der Kombinationen von Primär- und Sekundärallergieauslösern ist lang. Deswegen ist es gut zu wissen, dass beispielsweise bei Äpfeln manche Sorten kaum allergische Reaktionen auslösen und die Zubereitungsweise der Lebensmittel eine Rolle spielt. Die Wissenschaft geht davon aus, dass viele Lebensmittelallergien im Erwachsenenalter Kreuzallergien sind. Diese können auftreten, tun es aber nicht immer.
Nicht jeder Heuschnupfengeplagte muss Äpfel von seinem Speiseplan streichen. In vielen Fällen hilft es, die Primärallergie, also den Heuschnupfen, zu behandeln – dann kann es sein, dass auch die Kreuzreaktion verschwindet. Eine verbreitete Möglichkeit der Allergiebehandlung ist die Hyposensibilisierung, auch „Desensibilisierung“ oder „Immuntherapie“ genannt. Bei dieser Behandlungsmethode wird der Körper langsam an das Allergen „gewöhnt“. Sie eignet sich aber längst nicht für jeden.
Intoleranz oder Allergie?
Auch wenn sie oft in einem Atemzug genannt werden, unterscheiden sich Nahrungsmittelallergien und Nahrungsmittelunverträglichkeiten – medizinisch „Intoleranz“ – grundlegend voneinander. Denn bei einer Unverträglichkeit ist das Immunsystem nicht beteiligt. Im Fall einer Intoleranz produziert der Körper nicht genug von spezifischen Enzymen oder Transportproteinen, um bestimmte Bestandteile der Nahrung, wie beispielsweise Laktose, Fruktose und Histamin, abzubauen oder in den Körper aufzunehmen. Die Folgen: Durchfall, Bauchschmerzen, Blähungen und anderes.
Wer den Eindruck hat, bestimmte Lebensmittel nicht zu vertragen, dem kann ein Ernährungstagebuch helfen. Einfach mal notieren, was wann gegessen wird. Falls Beschwerden auftreten, auch notieren. Lassen sich Zusammenhänge feststellen, kann ein Arztbesuch sinnvoll sein.
Quelle:
mhplus Krankenkasse
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