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RESILIENZ BEI KINDERN FÖRDERN Stark fürs Leben

Resilienz ist die Fähigkeit, Krisen zu meistern. Sie ist nicht angeboren, sondern muss erlernt werden – und dies im Kindesalter. Expertin Daniela Horwath-Wilde erklärt, was Eltern für die Resilienz ihrer Kinder tun können.

Sich den Anforderungen stellen

Warum können manche Menschen mit Schicksalsschlägen gut umgehen, während andere daran zerbrechen? Warum haben manche Menschen eine von Grund auf optimistische Haltung, während andere im Alltag schnell gestresst sind? Diesen und anderen Fragen geht die Resilienzforschung nach. Unter Resilienz versteht man die Fähigkeit, mit der ein Mensch mit vorhersehbaren und unvorhersehbaren Anforderungen umgehen kann. Der Begriff Resilienz wird häufig auch mit Widerstandskraft und Anpassungsfähigkeit übersetzt. Und genau diese Kräfte wünschen sich Eltern für ihre Kinder: dass sie stark werden und Krisen im Leben gut meistern können. Wie kann das gelingen? Wir haben mit Daniela Horwath-Wilde, Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, gesprochen.

Was braucht es, um aus Kindern resiliente Kinder zu machen? Kann ich Resilienz überhaupt „anerziehen“?

Zunächst einmal ist es gut zu wissen, dass man Resilienz erlernen kann. Resiliente Kinder haben zum Beispiel gelernt, auf ihre eigenen Fähigkeiten zu vertrauen und eine positive Sicht auf die Welt zu entwickeln. Resilienz kann sich im Laufe des Lebens verändern und ist zudem kontextspezifisch, das heißt, bei einem Menschen kann dessen Resilienz je nach Lebensbereich sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Zum Beispiel kann ein Kind gut damit klarkommen, dass die Familie in eine andere Stadt umzieht, es hat aber sehr große Schwierigkeiten mit dem Verlust seines Haustieres.

Damit Kinder eine gute Resilienz entwickeln können, benötigen sie sogenannte Schutzfaktoren. Einer der wichtigsten Schutzfaktoren ist dabei eine stabile und verlässliche Bindung zu den Bezugspersonen. Meistens sind das die Eltern. Diese Rolle können aber auch andere Vertrauenspersonen aus dem engeren Umfeld übernehmen, wie zum Beispiel Großeltern, Erzieher oder Lehrer. Eine vertrauensvolle und wertschätzende Bindung ist eine wichtige Basis, um Vertrauen und Zuversicht in die Welt und auch in die eigenen Fähigkeiten entwickeln zu können.

Was zeichnet resiliente Kinder aus?

Ein resilientes Kind kann mit Anforderungen und Belastungen umgehen oder auch altersentsprechende Entwicklungsschritte gut meistern. Das kann zum Beispiel der Übergang in die Kita oder in die Schule sein. Ein entscheidender Unterschied ist dabei, ob ich eine Anforderung als Belastung ansehe oder als eine neue Herausforderung. Wenn ich eine neue Situation als Herausforderung bewerte, auf die ich mit Neugier, Mut und Optimismus zugehe, wird diese Situation für mich besser zu bewältigen sein, als wenn ich derselben Situation mit großem Unbehagen, Stress oder auch mit übermäßiger Angst begegne. Die Eltern haben dabei eine wichtige Vorbildfunktion. Wenn Eltern selbst mit einer optimistischen und zuversichtlichen Haltung mit ihren Herausforderungen umgehen, wirkt sich das positiv auf ihre Kinder aus.

Opa, Kind und Vater machen gemeinsam Gymnastik vor einem grauen Sofa.

Was können Eltern tun, um ihre Kinder widerstandsfähig zu machen?

Neben der verlässlichen Beziehung ist ein weiterer wichtiger Schutzfaktor die sogenannte Selbstwirksamkeit. Damit ist gemeint, dass Kinder ihre eigenen Erfahrungen machen dürfen, natürlich ohne dabei überfordert zu sein. Wenn Eltern ihre Kinder vor allem beschützen möchten und ihnen alles abnehmen, erhalten die Kinder von ihren Eltern indirekt die Botschaft: „Du kannst nichts allein schaffen“, oder: „Ich traue dir das nicht zu“. Selbstwirksamkeit erlernen Kinder daher, wenn ihnen eben nicht alles abgenommen wird.

Überlegen Sie als Eltern: Was kann ich meinem Kind zutrauen? Kann es den Schulweg vielleicht selbstständig bewältigen? Kann es bei einem Freund selbst anrufen, um sich zu verabreden? Oder beim Bäcker einkaufen? Es ist hilfreich, wenn Eltern mit ihren Kindern „mitwachsen“, indem sie sich Gedanken machen, was sie ihrem Kind als nächsten Entwicklungsschritt in angemessener Weise zutrauen oder auch an Aufgaben übertragen können. Auf die vorhersehbaren Ereignisse wie zum Beispiel auf den Besuch des Kindergartens oder die Einschulung ist es gut möglich, die Kinder im Vorfeld vorzubereiten.

Eine Gruppe von Kinder beim Tauziehen.

Muss ich selbst resilient sein, um mein Kind zu einem resilienten Menschen zu erziehen?

Resilienz ist keine Persönlichkeitseigenschaft, sondern ein lebenslanger Lernprozess. Niemand ist in allen Lebensbereichen zu hundert Prozent widerstandsfähig und das sollte auch nicht das Ziel sein. Wenn ich als Erwachsener selbst gut reflektiert bin und meine Stärken und Schwächen kenne und auch gut mit meinen Emotionen umgehen kann, hilft das in der Erziehung meines Kindes. Auch als Erwachsener kann ich mich weiterentwickeln und mir Resilienz aneignen. Eine grundsätzlich optimistische Haltung ist von Vorteil – und in Bewegung zu bleiben. Gestalten Sie als Eltern Ihr Leben selbst aktiv und bleiben Sie offen für Neues. Wie wäre es zum Beispiel konkret damit, einen Volkshochschulkurs zu besuchen, eine Karaoke-Party zu planen, eine neue Sportart zu testen oder ein Instrument zu lernen?

Haben Sie praktische Tipps für den Alltag, auf was Eltern achten können?

Allgemein kann man sagen, dass ein autoritativer Erziehungsstil sich positiv auf die Resilienzentwicklung auswirkt, der dadurch geprägt ist, dass es klare Regeln und Grenzen gibt und gleichzeitig viel Fürsorge, Wertschätzung, Anerkennung, Liebe und Geborgenheit. Zu den bereits beschriebenen Schutzfaktoren der sicheren Bindung und der Selbstwirksamkeit gehören noch weitere Faktoren, und zwar die soziale Kompetenz und der Umgang mit Emotionen. Ermutigen Sie Ihr Kind, sich mit Freunden zu verabreden, neue Dinge auszuprobieren oder sich ein Hobby zu suchen, an dem es Spaß hat.

Auch Konflikte gehören zum Leben dazu – und zu verstehen, dass es immer eine Lösung gibt. Das können Kinder am besten im Kontakt mit Gleichaltrigen lernen. Dabei ist auch wichtig, dass jeder Mensch Fehler machen darf. Eine positive Fehlerkultur bedeutet: Fehler sind nichts Schlimmes und dürfen passieren. Die eigenen Gefühle und die Gefühle bei anderen zu erkennen, ist wichtig. Sie sind bedeutsam in der Kommunikation mit anderen und sie bestimmen oft unser Handeln. Alle Gefühle haben eine Berechtigung und ich kann lernen, damit umzugehen. Wenn wir das unseren Kindern vermitteln können, ist das ein weiterer Schritt in Richtung Resilienz.

Auf einer Wiese hüpfen vier Kinder über ein Seil. Das Seil wird von einer Frau knapp über der Wiese geschwungen.

Was können Kitas und Schulen beitragen?

Sicherlich sind Themen wie die Förderung von Selbstständigkeit, soziale und emotionale Kompetenz oder Konfliktlösung in vielen pädagogischen Konzepten und in der täglichen Arbeit von Kitas und Schulen etabliert. In der Realität mangelt es oft an den Umsetzungsmöglichkeiten, weil es zu wenig Personal und Lehrer gibt. Hier ist die Politik gefordert, mit der Frage, was ist uns die körperliche und psychische Gesundheit unserer Kinder wert? Wie können wir für pädagogische Fachkräfte bessere Anreize und mehr Anerkennung schaffen? Und wie können wir noch mehr Aufklärung über psychische Gesundheit fördern und Präventionskonzepte nachhaltig im Alltag etablieren? Mir gefällt die Idee, wir hätten ein Schulfach namens „Alltagszauber“, das Themen wie Resilienz in Theorie und Praxis vermittelt. In dem die Kinder außerdem viel erfahren über Gesundheitsfürsorge, soziale und emotionale Kompetenz, Selbstwert und Persönlichkeitsentwicklung.

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